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Serhii Tarnovski

Ukrainer, 57 Jahre alt
13 Jul 2021

Serhii Tarnovski

Der härteste Teil war meine unterschiedliche Vision der Gesellschaft.

Arbeitet im Museum und in der Werkstatt für Glasmalerei in Krakau, stellt Glasmalerei her.

Wann sind Sie nach Polen gekommen?

Ich kam im Juni 2014 mit der ganzen Familie – der Frau und mit meiner Tochter.

Warum haben Sie dieses Land und Krakau gewählt?

Einigermaßen zufällig, aber nicht ganz. Für mich ist Polen das Vaterland meiner Vorfahren. Meine Großmutter väterlicherseits und die Mutter des Großvaters väterlicherseits waren beide Polen. Das hat mir gefallen. Polen war für mich wie ein kleines Licht. Ich mochte die Kultur. Ich habe versucht, die Sprache zu lernen. Ich besuchte immer meine Großmutter. Dort gab es meistens viele Polen. Ich hatte vor, in eine andere Stadt als Krakau zu gehen. Wir haben recherchiert, in welchen Städten in Polen man am besten leben kann. Und so bin ich in Krakau gelandet, weil ich hier Freunde hatte und sie mir einen Job angeboten haben.

Was wussten Sie über Polen, bevor Sie hierher kamen?

Was habe ich gewusst, das ist eine schwere Frage…
Ich habe viele polnische Filme gesehen und ich mochte Polen. Ich mochte sehr eine Comedy-Gruppe mit polnischen Wurzeln, die auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion tätig war.

Was war Ihr erster Schritt?

Die Arbeit war für mich vorbereitet, allerdings gab es am Anfang einige Probleme. Am Anfang wohnte ich bei Freunden in einer Wohnung. Ich hatte auch die Unterstützung meiner Frau. Sie half mir und kümmerte sich um unser Geschäft in Polen.

Was war das Einfachste und das Schwierigste am Leben in Polen?

Ich mochte die Sauberkeit der Straßen, den guten Transport, man kann Stabilität und Sicherheit fühlen. Ich mochte die Kultur sehr. Das Schwierigste war meine andere Sicht auf die Gesellschaft. Es war anders, als ich dachte. Es stellte sich heraus, dass die polnische Sprache nicht einfach ist und sehr schwer auszusprechen ist. In einer großen Gruppe war es leichter zu verstehen, aber wenn schnell gesprochen wurde, war es schwieriger.

Haben Sie Polnisch gesprochen, als Sie hierher kamen?

Bevor ich nach Polen kam, lernte ich etwa 1-2 Jahre lang die Sprache. Ich habe einen Kurs im polnisch-ukrainischen Begegnungszentrum gemacht. Ich verstand eine Menge Polnisch, weil viele Wörter dem Ukrainischen ähnlich sind. Die nützlichsten Wörter (für das tägliche Leben) kannte ich und hatte keine Probleme mit ihnen. Ich habe viel verstanden und später gelernt zu sprechen.

Was genau machen Sie bei der Arbeit?

In der Werkstatt machen wir Glasmalerei. Ich mache Glasmalerei im Prozess, vom Anfang bis zum Ende, naja, vielleicht außer dem Entwerfen. Früher habe ich den ganzen Prozess gemacht. Das tue ich nicht mehr. Jetzt teilen wir uns die Arbeit auf und jeder konzentriert sich auf das, was er*sie am besten kann. Mir wird ein Entwurf gegeben und ich arbeite nach diesem. Es sind verschiedene Arten von Glasmalerei, meist sakral, für Kirchen. Aber auch privat, zum Beispiel für Stadthäuser.

Wie machen Sie das und wie lange dauert das?

Ein solches Glas erfordert große Präzision. Die Zeit zur Herstellung kann variieren und hängt von vielen Faktoren ab, zum Beispiel von der Größe, der Anzahl der Glasstücke, ob es bemalt werden soll und der Menge des Farbstoffs. Schließlich wird es in einen 700 Grad Celsius heißen Ofen gegeben. Danach wird es allmählich abgekühlt. Der gesamte Prozess kann von 1 Stunde bis zu mehreren Tagen dauern – abhängig von der Anzahl der Elemente.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, die Glasmalerei zu machen?

Zuerst kam es aus dem Bedürfnis heraus, eine Glasmalerei zu Hause zu machen. Bevor ich nach Polen kam, habe ich in der Ukraine eine Kirche gebaut. Ich änderte das Design, verbesserte bestimmte Aspekte, um es schöner zu machen. Es bestand das Bedürfnis, eine Glasmalerei anzufertigen, also begann ich nach Informationen und Ideen zu suchen, um die Kirche schöner zu gestalten. In Polen habe ich über die Glasmalerei nachgedacht, weil es hier viele davon gibt. Ich suchte nach einer Möglichkeit und es ist erschienen…

Welche Fähigkeiten sind Ihrer Meinung nach für die Herstellung der Glasmalerei erforderlich?

Es ist eine sogenannte benediktinische Arbeit, sie erfordert viel Geduld, denn es sind sehr kleine Dinge, winzige Glasstücke. Man braucht gute technische Fähigkeiten. Die Fähigkeit, Geschmack und Praxis zu verbinden.

Gelingt es Ihnen, durch die Herstellung der Glasmalerei Emotionen auszudrücken? Was sind Ihre besten Werke?

Ich versuche immer, der Vision des Künstlers zu folgen und sie so zu vermitteln, wie er sie vermitteln wollte. Es gibt mehrere Werke der Glasmalerei, die mir wichtig waren, die etwas von mir enthalten, zum Beispiel die Glasmalerei des Heiligen Geistes, die wir für die Stadt Tschenstochau gemacht haben. Ich habe dieses Projekt so gemacht, wie es gemacht werden sollte – ich habe mein Herz da hineingesteckt, weil mein Chef mich das machen ließ (kleine Verbesserungen). Die andere besondere Arbeit für mich war die Glasmalerei, die noch nie zuvor gemacht wurde – Polonia von Wyspianski.

Wie sieht Ihr soziales Leben in Polen aus? Haben Sie polnische Freunde? Halten Sie Kontakt zu Menschen Ihrer Herkunft?

Ich habe nicht viel freie Zeit. Die Arbeit ist von 10 Uhr morgens bis 18 Uhr abends. Ich versuche, ins Kino zu gehen. Ich treffe Leute. Ich habe polnische Freunde, ich verbringe Zeit mit ihnen.

Haben Sie einen Rat für Menschen, die in einem anderen Land leben möchten? Wie man es in einem anderen Land schafft?

Sie müssen Sprachen beherrschen (je mehr, desto besser). Man muss die Kultur des Landes kennenlernen, an den lokalen Aktivitäten teilnehmen, um mehr zu verstehen und zu wissen, worüber man reden kann. Man sollte sich auch einheimische Filme ansehen, Freundschaften schließen. Es ist eine gute Idee, zu reisen, mehr Orte und Städte zu sehen, gibt mehr Wissen, ermöglicht ein besseres Verständnis des Landes.

Gibt es etwas, das Sie aus Ihrer Heimat vermissen?

Die Familie (die Eltern, die in der Ukraine leben), die Freunde und die Menschen im Allgemeinen, weil sie wichtig sind. Die Architektur vermisse ich nicht. Meine Stadt war geschlossen – alles war grau und düster. Außerdem war es gefährlich, man wusste nicht, was der Morgen bringen wird.

Vielen Dank für das inspirierende Interview!